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Schreck, lass‘ nach!

Mir wäre gerade vor Schreck beinahe die Anykey-Taste abgebrochen, weil urplötzlich (also noch plötzlicher als plötzlich) ein mächtig lautes Piepen im Büro ausbrach, das mir bis dahin (zum Glück) noch nie zu Ohren gekommen war. Ähnlich wie bei einem Song der Flippers wünschte ich mir schon etwa eine Sekunde nach Beginn nichts sehnlicher, als dass es aufhörte.

Die Quelle dieses infernalischen Lärms musste also schnellstmöglich aufgespürt und zum Verstummen gebracht werden. Dies gestaltete sich allerdings schwieriger als gedacht. Man muss sich dazu vor Augen führen, dass es in meinem Büro vor Elektronik wimmelt. Nicht viele meiner eigenen Geräte verdächtigte ich, zu solch einem Krach fähig zu sein, aber was war mit denen meiner BürogenossInnen? Fragen konnte ich sie nicht, denn außer mir war niemand am Platz. Wahrscheinlich ließen sie sich gerade von weitaus angenehmeren Klängen wie Meeresrauschen berieseln…

Ich versuchte, den Ursprung des Geräuschs zu ermitteln, indem ich mich in gebückter Haltung und lauschend den unterschiedlichen Maschinen und Geräten näherte, doch die Ortung gelang mir nicht. Es bestand ja durchaus die Möglichkeit, dass das Piepen eine gewichtige Ursache hatte. Meltdown in einem meiner vier Rechenkerne? Nee, der Rechner war gar nicht in Betrieb. Papierstau im Drucker? Auch nicht. Sollte übrigens ein Druckerhersteller jemals auf die Idee kommen, ein solches Ereignis mit einem derart lauten Geräusch zu vertonen, würde er von mir ein paar Takte zu hören bekommen…

Kam das Geräusch überhaupt von innerhalb des Büros oder war vielleicht draußen die Alarmanlage eines Automobils angesprungen? Die Dinger nerven mitunter ja auch unglaublich stark, aber ein horchender Schritt vor die Tür zeigte, das das Geräusch draußen leiser zu hören war als drinnen.
Heroisch der großen Versuchung widerstehend, nicht wieder hineinzugehen, wandte ich mich um, um im Büro meine Suche fortzusetzen, als mein Blick auf meine Nachbarn fiel, die es sich auf ihrer frisch eingetroffenen Sitzbank vor ihren Räumlichkeiten gemütlich gemacht hatten, um (wie idiotisch eigentlich…) in der brütenden Hitze Kaffee und Zartbitterschokolade zu sich zu nehmen.

„Hört ihr das auch“, fragte ich sie mit verzerrter Miene. Ja, eben gerade hätte es angefangen, meinten sie. Klinge wie ein Rauchmelder. Ob ich drinnen geraucht hätte, warf mir einer der beiden zwinkernd zu. Ich verneinte, ging aber nicht weiter darauf ein und machte mich statt dessen daran, die Zimmerdecke nach vermeintlichen Rauchmeldern abzusuchen.

Da hing tatsächlich so ein Ding. Drei bis vier Meter hoch über mir. Jetzt, da ich wusste, wonach ich suchen musste, schien es mir auch, als käme der Lärm aus eben diesem an ein auf dem Kopf fliegendes, an der Decke hängendes UFO erinnerndes Teil. „Hau es runter“, meinte einer der Nachbarn, der mir gefolgt war und mir durch die offene Bürotür einen wenig begeisterten Blick zuwarf.

Büroeinrichtung, die nicht einmal mir gehörte, attackieren und zerstören? Normalerweise nicht mein Stil, aber das weiterhin andauernde Piepen begann, meine Kopfschmerzen vom Vormittag wieder aufflammen zu lassen.
Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf: Jedes Gerät, das Lärm machen kann, hat auch einen Ausschalter. So ist es zumindest bei den Spielzeugen meines Sohnes, den Herstellern sei Dank. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte ich also, am Rauchmelder etwas Entsprechendes zu entdecken. Fehlanzeige; wenn es einen Schalter gab, konnte ich ihn jedenfalls nicht sehen.
Dann ein weiterer Gedanke: Wussten vielleicht meine abwesenden BürogenossInnen, was die akustische Attacke sollte und wie man sie abwehren könnte?

Handynummer Nummer eins führte mich zu einer Telefon-Mailbox. Kurz genervt aufgesprochen, aufgelegt und dann Handynummer zwei gewählt. Auch hier war niemand zu erreichen. Spitze, dachte ich, hier geht die Welt unter und keiner will zugucken.

Mein Blick suchte nach etwas, das lang und hart genug aussah, um den Rauchmelder da oben zu lehren, wer der Fiesere von uns beiden wäre, und fand eine an der Wand lehnende Holzlatte, auf die diverse Halogenspots geschraubt worden waren. Ohne weiter darüber nachzudenken, griff ich mir die Latte, wog sie kurz prüfend in der Hand und richtete sie mit ausgestrecktem Arm auf den Feind.

Die ersten paar Stupse beeindruckten das weiterhin munter lärmende Gerät allerdings nicht im Geringsten. Ich stieg auf eine breite Fensterbank und versuchte es erneut. Diesmal holte ich weiter aus und hatte schließlich mehr Erfolg (aber: Kompliment an den Handwerker, der den Feuermelder dort oben angebracht hatte).

Als das Geräusch endlich verstummt war, kam es mir sofort so vor, als hätte ich eine lebensbedrohliche Situation überlebt und/oder die Welt vor einer extraterrestrischen Invasion gerettet. Nahezu atemlos und mit pochenden Schläfen betrachtete ich mein Werk. Das besiegte UFO hatte jetzt ordentlich Schlagseite, hing aber weiterhin an der Decke. Mein Trommelfell schien noch zu funktionieren, wenn ich das leisere Fiepen in meinem Gehörgang richtig deutete.

Ironie, die ich ganz und gar nicht zu schätzen wüsste, wäre es, wenn es in den kommenden Tagen aus welchem Grund auch immer in meinem Büro anfinge zu brennen. Schlacht gewonnen, aber den Krieg verloren, würde man dann wohl feststellen müssen. So werde ich also wohl oder übel den fiesen Widersacher demnächst gesundpflegen müssen.

Veröffentlicht inAllgemein
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2 Kommentare

  1. Bredon Bredon

    Keine Angst, lieber Christian, die Apparate sind preisgünstig zu ersetzen, anscheinend hält sich der technische Aufwand für solche Rauchmelder in Grenzen- ein Sensor und ein damit gekoppelter Signalgenerator kosten nicht die Welt. Möglicherweise war das Geräusch ein Hinweis darauf, dass die Batterie sich dem Leerzustand näherte. „Gut“ getestet Geräte sind für wenige Euros in Baumärkten zu erwerben und dank einfacher Vorrichtungen auch problemlos anzubringen.
    Das ist das alte Leid der elektronisch generierten Sinustöne, sie lassen sich für das menschliche Ohr nicht mehr eindeutig orten. Ähnlich halten es seit Legionen von Jahren Singvögel angesichts eines Greifvogels: Sie stoßen Warnlaute aus, die für den Jäger keine Rückschlüsse auf den Ort und den Absender zulassen. Bleibt die Frage, wer in Deinem Fall die Drossel und wer der Sperber war.

  2. admin admin

    Inzwischen sind mir Zweifel daran gekommen, wie sinnvoll so ein Gerät (in den mir zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten) überhaupt ist. Das Warnsignal war sicher zwei, drei Minuten lang zu hören, während ich noch mit Ursachenforschung und -bekämpfung zu tun hatte, aber wahrnehmbare Reaktionen von außen, sprich: anderen Leuten, gab es keine.
    Wäre auch ich zu jenem Zeitpunkt nicht im Büro anwesend gewesen, hätte der Rauchmelder vermutlich solange gepiept, bis seine Batterie erschöpft gewesen wäre. Ob sich dann jemand darum gekümmert und an der Tür geklingelt, durchs Fenster geschaut oder die Feuerwehr gerufen hätte, ist für mich zweifelhaft.
    Rufe ich bei einem Fehlalarm die Feuerwehr, zahle ich den Einsatz, oder? Diese Frage werden sich bestimmt viele Menschen mit „wahrscheinlich“ beantworten und lieber keinen Finger rühren…
    Was die Analogie oben angeht, kam ich mir eher wie eine Drossel vor, die sich aber bereits so gut wie in den Fängen des Sperbers fühlte 🙂

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