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Die Säulen der Erde — mittelalterliches Baustellen-Management

Die Säulen der Erde

  • Michael Rieneck, Stefan Stadler
  • KOSMOS
  • ab 10 Jahren
  • für 2-4 Spieler
  • ca. 60 Minuten

Überblick/Story

In diesem 2006 erschienenen Spiel für 2-4 Spieler, das auf dem gleichlautenden Roman von Ken Follett basiert, von Michael Rieneck und Stefan Stadler konzipiert und von Michael Menzel illustriert wurde, schlüpfen die Spieler in die Rolle von Bautruppleitern, die mehrere Baumeister und Handwerker koordinieren sollen, um möglichst effizient am Bau der Kathedrale mitzuwirken.

Das opulente Spielbrett stellt dazu mehrere Stationen bereit, auf denen innerhalb von 6 Spielrunden unter anderem erfahrene Handwerker und Handlanger angeheuert, Siegpunkte verdient, Vorteile erworben (z.B. Steuerermäßigung oder Schutz vor negativen Ereignissen) und Baustoffe (Sand, Holz und Stein) abgebaut oder mitgenommen (Metall am Königshof) werden können.
Der Kern des Spiels besteht darin, seine Handwerker mit Baustoffen auszustatten und sie in die Lage zu versetzen, möglichst viele Siegpunkte zu erzeugen.

Jedem Spieler stehen bei all der gebotenen Optionsvielfalt aber nur drei Baumeister, Arbeiter im Wert von 12 „Arbeitskrafteinheiten“ und zunächst nur drei ungeschickte Handwerker zur Verfügung. Der Bautrupp darf maximal fünf Handwerker umfassen, so dass hier gelegentlich Mitarbeiter entlassen werden müssen, um Platz für neue, in der Regel besser arbeitende Leute zu schaffen. Diese wollen jedoch auch bezahlt werden. Geld ist knapp und das Startkapital schnell verbraucht, wenn man nicht rechtzeitig dafür sorgt, durch Arbeit in der Wollmanufaktur oder gewinnbringende Verkäufe auf dem Markt ausreichend Liquidität zu gewährleisten.
Wer sich nicht beim König einfindet, muss mit teils gravierenden Steuerzahlungen rechnen. Und als wäre das alles nicht genug, können die Spieler jede Runde aufs neue von einem Schicksalsschlag in Form von Ereignissen getroffen werden.

Zum Glück wirken sich nicht alle Ereignisse ungünstig aus. Dazu gibt es einige aus dem Roman bekannte Personen, die einem bei allen Sorgen und Nöten unter die Arme greifen und Vorteile bringen; manche einmalig sofort, andere einmalig zu einem bestimmbaren Zeitpunkt während des Spiels und wieder andere dauerhaft bis Spielende.

Beim Spielaufbau müssen diverse Komponenten verteilt, gemischt, ausgelegt und vorbereitet werden; unter zehn Minuten schaffen das vermutlich nur die Vielspieler unter uns. Hat man diese Hürde genommen, geht der Hauptteil des Spiels allerdings recht flott vonstatten, wenn man nicht zufällig unter seinen Mitspielern solche findet, die gern mal zu lang über ihre Zugoptionen nachdenken. DSDE ist nämlich tatsächlich eines jener Spiele, bei denen das genaue Abwägen der Möglichkeiten durchaus etwas Hirnschmalz und Hingabe erfordert, und oft entpuppt sich eine Entscheidung auch als Zünglein an der Waage — ein Siegpunkt mehr oder weniger macht hier einen großen Unterschied!

Ablauf

Jede der sechs Runden läuft nach dem gleichen Schema ab (wirkt sich aber generell dramatisch unterschiedlich aus):

  1. Der neue Startspieler erhält das nächste Kathedralen-Bauelement als Zeichen seiner „Würde“ und auch, um es am Ende der Runde auf der Baustelle in der Mitte des Spielplans einzusetzen.
  2. Es wird ein der Rundenzahl entsprechender Vier-Karten-Stapel so aufgeteilt, dass zwei Karten (Handwerker) auf die beiden dafür vorgesehenen Felder und die übrigen zwei an die Unterkante des Spielplans gelegt werden.
  3. Ebenfalls an der Unterkante des Spielplans werden nun sieben der neun Baustoffquellen-Karten gelegt (zwei bleiben immer übrig, so dass auch die Baustoffsituation pro Runde variiert). Sie entscheiden darüber, wie viel Sand, Holz und Stein in der aktuellen Runde abgebaut werden kann.
  4. Zwei neue Vorteilskarten werden auf den Spielplan gelegt.
  5. Der Markt wird wieder aufgefüllt, so dass je vier Sand, Holz und Stein verfügbar werden.
  6. Ein Metall-Cube wird auf das Zelt am Königshof gelegt und kann in der folgenden Runde vom ersten, der einen Baumeister dort platziert, beansprucht werden.

Was dann folgt, lässt sich am besten mit einer Auktion vergleichen, bei der das Recht, einen seiner drei Baumeister auf wichtige Stationen des Spielplans zu setzen, versteigert wird:
Der Spieler, dessen Baumeister blind aus dem mitgelieferten schwarzen Beutel gezogen wird, darf sich entscheiden, zu passen oder gegen Bezahlung des aktuellen Preises (7 bis 0 Geld) einen Baumeister sofort auf den Spielplan sofort auf ein noch freies Baumeisterfeld zu stellen. Passt er, spart der Spieler einerseits Geld, läuft aber andererseits Gefahr, dass ihm wichtige Optionen von den Mitspielern weggeschnappt werden.

Wurden alle Baumeister gezogen und entweder auf dem Spielplan oder der „Warteleiste“ untergebracht, wird die „Warteleiste“ von links nach rechts abgearbeitet. Dabei bestimmt die Farbe des jeweils nächsten Baumeisters, welcher Spieler diesen auf den Spielplan setzen darf.

Wurden alle Baumeister endlich auf Spielplanstationen verteilt, beginnt die Abarbeitung aller bisher nur geplanten Züge. Dabei werden die 14 Stationen (sie sind auf dem Spielplan durchnummeriert) nacheinander abgehandelt, beginnend mit dem Ziehen, Verlesen und Befolgen der neuen Ereigniskarte und endend mit dem Weiterbauen der Kathedrale, die ja am Ende jeder Runde auch leibhaftig — wenn auch miniaturisiert und stilisiert — vor den Augen der Spieler Gestalt annimmt.
Es ist diese Spielphase, in der die Spieler gewählte oder auferlegte Aktionen durchführen, unter anderem auch den Abbau der so wichtigen Baustoffe. Stellt man kurz vor Rundenende fest, dass man nicht genügend Baumaterial organisiert hat, um die eigenen Handwerker nicht nutzlos in der Gegend stehen zu lassen, kann man nur noch hoffen, einen Baumeister auf den Markt geschickt und für ausreichend Bares gesorgt zu haben. Dann kann man notfalls noch Baustoffe dazu erwerben oder andere verkaufen, um Geld für die nächste Runde zu beschaffen. Ansonsten kann es in so einer Situation leicht dazu kommen, dass man ins Hintertreffen gerät und sich ordentich anstrengen muss, um den Rückstand in den verbliebenen Runden wieder aufzuholen.

Meine Gedanken dazu

Ein wichtiger Aspekt beim erfolgreichen Baustellen-Management ist es, den richtigen Zeitpunkt zu finden, um seine Handwerker zu entlassen und gegen (teurere und) bessere auszutauschen. So klein die Unterschiede im „Siegpunktertrag“ auch sein mögen; in diesem Spiel können ein, zwei Siegpunkte den entscheidenden Ausschlag geben, so dass sich die unangenehm kostspielige Auswechslung oder Dazubuchung eines Handwerkers doch am Ende lohnen kann.

Glück kommt in diesem Spiel wenig zum Einsatz. Natürlich bestimmt der Zufall, welche Ereignisse überhaupt und in welcher Runde passieren, wie hoch die Steuern ausfallen, wann welche Vorteilskarten verfügbar werden und auch welche Baustoffe pro Runde abgebaut werden können. Aber dies sind allesamt Faktoren, die alle Spieler gleichzeitig (be)treffen und die durch flexibles Nach- bzw. Umdenken relativiert werden können. Wie viele Baustoffe beim Abbau erzeugt werden, ist hier (im Unterschied zu beispielsweise „Stone Age“) von vornherein klar. Welche Vorzüge verfügbare Handwerker und die Vorteilskarten bringen, ist jedem Spieler zugänglich. Ebenso ändert sich der Preis der Baustoffe nicht, so dass alles in allem planbar ist.
Das Spiel ist in so fern interaktiv, wie es Worker Placement-Spiele in der Regel sind: Schnappt dir ein Mitspieler eine Option weg, guckst du in die Röhre, was bedeutet, dass du schneller sein (und dazu eventuell einiges opfern oder riskieren) musst als die anderen. Es wird nicht unter einander getauscht, sondern spannend-angespannt nebeneinander her gewerkelt und friedlich um jeden Siegpunkt gekämpft.

DSDE ist eines der Spiele, die bei mir zumindest in einem Punkt auf der Kippe stehen: Bekomme ich gemessen am fünf- bis zehnminütigen Aufbau genügend Spielspaß und Abwechslung geboten?
Jein. Das hängt meines Erachtens davon ab, mit wem man spielt. Große Analyse-Paralyse-Kandidaten könnten hier den Spielfluss ebenso stark behindern, wie starke Bauchentscheider durch zu wenig Durchdenken der Optionen und Konsequenzen allzu leicht in Rückstand geraten können, wodurch die Herausforderung leidet. Ich habe mir angewöhnt, eine Sanduhr o.ä. zu starten, wenn eine Partie Gefahr läuft, durch erstgenannten Fall zu entgleiten. Den zweiten Fall versuche ich durch intensives Erklären vor Spielbeginn zu vermeiden.

Optisch ist das Spiel eine Augenweide, auch wenn die Mini-Kathedrale eigentlich nur Schnickschnack ist und durch einen einfacheren Rundenzählmechanismus hätte umgesetzt werden können. Da dies aber offenbar nicht zu einem unnötig hohen Preis für das Spiel geführt hat, nehme ich dieses Detail liebend gern an, um das sonst recht trockene Spiel mit ein wenig Atmosphäre auszustatten (selbst wenn die Kathedrale manchmal den ungetrübten Blick auf den Marktplatz vereitelt! 🙂 ).
Partien mit mehr als zwei Spielern haben den Nachteil, dass mindestens ein Mitspieler die Auslage (2 Handwerker und 7 Baustoffquellen) über Kopf oder von der Seite sehen muss, was bei der geringen Größe der Karten mitunter dazu führt, dass Spieler sie sicherheitshalber in die Hand nehmen müssen, um sicher zu gehen, um welche Karte es sich handelt. Bei zwei Spielern tritt dieses Problem hingegen nicht auf.

Positiv ist zu vermerken, dass sich DSDE überhaupt auch als 2-Spieler-Spiel spielen lässt, was ja auch nicht selbstverständlich ist.

Vor dem Kauf könnte es hilfreich zu wissen sein, dass mein 90x90cm-Tisch einigermaßen gut gefüllt ist mit Spielkomponenten. Möchte man neben dem Spiel auch noch andere Utensilien für einen gemütlichen Spielabend auf dem Tisch unterbringen, kann es manchmal eng werden.

Fazit

Mir fallen nach einigen gespielten Partien (noch) keine Verbesserungen ein, daher ist mir DSDE aktuell 5 Sterne wert.

Meine Videos dazu

Veröffentlicht inGesellschaftsspiele
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