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Jolly & Roger

Jolly & Roger

  • Shaun Graham, Scott Huntington
  • ABACUSSPIELE Verlags GmbH & Co. KG
  • ab 8 Jahren
  • 2 Spieler
  • ca. 20 Minuten

Überblick/Story

Der alte Piratenkönig, Kapitän „Red Beard“, ist kaum von der Bildfläche verschwunden, da streiten sich die anderen Freibeuter, Korsaren und Halsabschneider auch schon um die Krone und versuchen im „Doppelentern“-Wettstreit herauszufinden, wer die Nachfolge antritt. Dabei schlüpfen genau zwei SpielerInnen — empfohlenes Mindestalter 8 Jahre — in die Rollen von Julienne „Jolly“ Garçon und Jack „Roger“ Hummingbird, um die stärksten Crewmitglieder auf ihre Seite zu ziehen, einander Skelette und Kraken auf den Hals zu hetzen und letztlich ahnungslose, reich beladene Handelsschiffe zu überfallen.

Vorbereitungen

Stellvertretend für die Handelsflotten aus vier Nationen oder Fraktionen — England (ROT), Frankreich (BLAU), „Die Kubaner“* (GELB) und „Die Asiaten“* (GRÜN) — gelten vier entsprechend gefärbte Schiffe, die zwischen den Spielern in die Tischmitte gelegt werden. Sie stehen für die Ziele der Piratenüberfälle.
Die Crew-Karten werden als gut gemischter Stapel, von dem bei jeder Partie immer blind so viele aus dem Spiel genommen werden, dass 40 Karten als Nachziehstapel übrig bleiben, neben die Schiffe gelegt.
Dass jeder Spieler noch eine Schatztruhe erhält und vor sich ablegt, versteht sich wohl von selbst, denn wo sonst sollte gemachte Beute vor den neugierigen Augen des Gegners versteckt werden…?

* Auf die Nationalitäten der Schiffe und Piraten wird in der Anleitung nicht eingegangen; ich gebe hier nur meine Assoziationen wieder.

Ablauf

Eine jede Spielrunde (von insgesamt acht) läuft nach dem gleichen Schema ab; der Startspieler zieht fünf Karten vom Nachziehstapel, auf denen unterschiedlich starke Crewmitglieder mit unterschiedlich gefärbten Hintergründen zu sehen sind, und teilt diese in zwei Häufchen, von denen jeder mindestens eine und maximal vier Karten enthalten muss (also enthält ein Häufchen 1 und der andere 4 Karten oder der eine 2 und der andere 3 Karten).

Dieses Aufteilen und ebenso das anschließende Auswählen ist es, was den Kern des Spiels ausmacht, denn nach der Aufteilung darf der Gegenspieler eines der beiden Häufchen wählen und ausspielen, bevor der Startspieler mit den Karten des übrig gebliebenen Stapels dran ist!

Dadurch, dass man also nicht all die guten Karten für sich behalten darf, fällt einem die Entscheidung in der Regel nicht so leicht, was man behält und was man dem Gegner überlässt. Zudem weiß man ja auch nicht, für welchen der zwei Stapel sich der Gegner letztlich entscheiden wird…

Was Entern ist, weiß sicher jeder, aber „Doppelentern“…? Nun, Jolly & Roger schippern ja nicht kopflos auf Feindfahrt, sondern bereiten Überfälle zunächst vor, indem sie ihre in der Hafenkneipe aufgegabelte Crew entweder lohnenden Zielen (= Handelsschiffe) zuteilen, um dort eine stärkere Mannschaft anzusammeln als der Gegner, oder indem sie ihre Crew Schiffe angreifen lässt, für die sie bereits die Oberhand gewinnen konnten. Im letztgenannten Fall erhalten sie die für den Überfall genutzte(n) Karte(n) als Beute, die sie in bzw. unter ihre Schatztruhe legen dürfen. Beim Anlegen der Crew ist zu beachten, dass die Hintergrundfarbe einer Karte zu der Farbe des anvisierten Schiffs passen muss (rote Crew ans rote Schiff, usw.). Alternativ kann die Crew-Karte umgedreht als Papagei mit einer Stärke von „1“ an ein beliebiges Schiff angelegt werden. Ferner wird nach jeder angelegten Karte sofort geprüft, ob sich das Stärkeverhältnis der um das Schiff konkurrierenden Mannschaften verändert hat: Hat ein Spieler das stärkere Team anliegen, stellt er einen seiner Meeple aufs Schiffsplättchen, besteht oder entsteht hingegen Gleichstand, wird ein möglicherweise zuvor auf dem Schiffsplättchen platzierter Meeple entfernt.

Hat nun also der „Auswähler“ die gewählten und anschließend der Startspieler die übrigen Karten ausgespielt, endet die Runde und der Startspielermarker (in Form eines stilechten Piratenflaggenaufstellers) wechselt zum Gegenüber ebenso, wie sich jetzt natürlich die Rollen umkehren; der ehemalige „Auswähler“ wird jetzt Startspieler und „Aufteiler“.

Spielende

Wer nach der achten und letzten Runde für die vier Schiffe die Oberhand, also einen seiner vier Kapitäns-Meeple an Deck stehen hat, erhält zu den Schätzen in/unter seiner Truhe noch die auf dem jeweiligen Schiffsplättchen aufgedruckten Goldstücke. Dass jedes Schiff unterschiedlich viel Gold wert ist — von 9 (ROT) über 7 (BLAU) und 5 (GELB) bis 3 (GRÜN) — und dass sich im Spiel mehr grüne als rote Piratenkarten befinden, erhöht die Komplexität auf ein angenehmes Maß.

Meine Gedanken dazu

Zumal ich in der jüngsten Vergangenheit oft mangelhafte Spielanleitungen in den Händen hielt, sollte ich wohl besser erwähnen, dass hier bei „Jolly & Roger“ alles roger ist: Sechs Seiten mit für Senioren tauglicher, großer Schrift und verwertbaren Abbildungen sowie unterhaltsame, leicht verständliche Texte und einer Zugübersicht auf der letzten Seite — mehr will ich gar nicht. Die Illustrationen, die mein Lieblingsillustrator Michael Menzel beisteuerte, wollen mir persönlich nicht so gut gefallen wie viele seiner anderen Werke, aber auf jeden Fall passen sie zu dem locker-witzigen Tenor des Spiels. Die acht Meeples — vier weiße, vier schwarze — entsprechen dem gewohnten Standard und sind bestens geeignet, um sie auf die Schiffsplättchen zu stellen und damit Stärkehoheit zu signalisieren.

Ich frage mich, was die Autoren Graham und Huntington dazu bewogen haben mag, quadratische Karten à la „Augustus“ zu wählen, wo hochformatige insbesondere für die Crewmitglieder sogar besser gepasst hätten (und sich besser mischen ließen), aber diese Frage raubt mir keinen Schlaf — die Karten sind alle groß genug, um nicht fummelig zu sein und um den amüsanten Illustrationen Platz zu bieten, ohne eine Lupe erforderlich zu machen (ja, ich gucke dich an, „Die Burgen von Burgund | Das Kartenspiel“!). Schön finde ich die Aufteilung des Spiels in eine „Einsteiger“- und eine „Profi“-Variante, denn nicht alle mit diesem Spiel Angesprochenen sind ausgebuffte Vielspieler. Zudem hindert eben diese Vielspieler auch nichts daran, die drei verschiedenen Sonderkarten (3x Krake, 2x Skelett und 2x Tortuga) gleich vom ersten Spiel an mitspielen zu lassen. Apropos Sonderkarten: Die Krake erlaubt es einem Spieler, die letzte Crew-Karte des Gegners an einem der vier Schiffe zu entfernen und damit die Machtverhältnisse an Bord des betroffenen Schiffs dramatisch zu verschieben. Mit einem Skelett erhält man untote Unterstützung mit einer Kampfstärke von „3“ und Resistenz gegen Krakenangriffe. Das Ausspielen der Tortuga-Karte(n) wiederum gestattet es, alle als Papageien ausliegenden eigenen Karten auf ihre Piratenseite zu drehen (auch wenn sie farblich dann nicht mehr zum Schiff passen sollten), wodurch sich in der Regel ebenfalls das Stärkeverhältnis an Bord des umkämpften Schiffes ändert.

Da angelt sich die fiese Krake doch glatt meinen treuen Papagei!

Fazit

Ein tolles Spiel, das nicht nur ruckzuck erlernt oder erklärt ist, sondern durch seine geringe Spieldauer (~20 Minuten) und überschaubare Taktikoptionen sowohl sehr junges Publikum ansprechen wie auch gern erfahreneren Seebären als Aufwärm- oder Absackerspiel dienen dürfte. Bei mir landet “Jolly&Roger” bei ca. 4.5 von 5 Sternen, da es nicht ganz an die Tiefe eines preislich ähnlich angesiedelten “Die Burgen von Burgund | Das Kartenspiel” heranreicht, aber mit dem, was es macht, nichts falsch macht.

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Veröffentlicht inGesellschaftsspiele
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